Meine erste Station auf meiner Reise durch die Berufswelt begann ich direkt nach meinem Abitur 1981 mit einer experimentellen Phase. Diese hatte noch nichts mit IT zu tun. Heute würde man sagen, ich machte so etwas wie ein Gap-Year, um die Zeit bis zum Bund zu überbrücken, wenn es auch nur ein paar Monate waren. Aber untätig war ich deshalb nicht. Dallas lief im Fernsehen, da machten alle in Öl. Ich machte in Fernseher. Schließlich hatte ich damals schon das zielsichere Gespür für das gewisse Etwas. Und das war nicht etwa irgend ein Job, sondern ich stieg ins Big-Business der Unterhaltungsindustrie ein. Mein Ferienjob war beim damaligen Technologieführer, dem ersten Haus am Platze, er war bei Radio Berschnitz.
Ist das so etwas wie
Radio Eriwan? Im Prinzip ja. Aber
Radio Berschnitz war kein Rundfunksender, den man über Kurzwelle
oder sonst wie empfangen konnte, sondern ein gewöhnlicher
Elektroladen. Er war auch nicht das erste Haus am Platze, sondern
das Einzige, sozusagen ein lokaler Monopolist dieser Branche in
meiner Heimatstadt. Und seine Technologieführerschaft beschränkte
sich natürlich nur auf Radio- und Fernsehgeräte, die zu überhöhten
Preisen an die geschätzte Kundschaft weiterverkauft wurden. Alles
andere stimmt aber.

Fernsehen war damals noch nicht so problemlos wie heute. Mein erster
bezahlter Job bestand darin, Fernsehapparate zum Kunden auszuliefern
und diese in Betrieb zu nehmen. Dies waren frisch erworbene
Neugeräte oder meist auch Leihgeräte, die überwiegend von Patienten
in Kranken- oder Kurhäusern angemietet wurden. Zum Liefern der
Fernsehkästen wurde mir mein erstes Firmenfahrzeug zur Verfügung
gestellt, ein
Renault R4 Transporter mit Schaltknüppel. Man lernt ja
nicht für die Schule, sondern fürs Leben. Und in diesem
Dienstleistungsgewerbe lernte ich schon manche Lektion für mein
späteres Berufsleben. Was bei mir bis heute hängen blieb ist die
Erkenntnis, dass eine Zimmerantenne die untauglichste Erfindung
aller Zeiten war und der Kunde bei einer Inbetriebnahme geführt
werden wollte, ja sogar geleitet werden musste, wenn es erfolgreich
sein soll. Dem Kunden anerkennend seinen Respekt zu zollen fördert
auch das Verhältnis zwischen Dienstleister und Kunde.
Mit diesen Erkenntnissen mündete jede Inbetriebnahme eines Fernsehgerätes mit Zimmerantenne in folgendem Ritual: Die Zimmerantenne wurde auf den höchsten Punkt in unmittelbarer Nähe des Fernsehers gestellt. Dann schnell den Sendersuchlauf betätigt, bis ein halbwegs brauchbares Signal gefunden wurde. Kurz an der Antenne gewackelt, bis das Bild einigermaßen erträglich war. Dann wurde der Kunde hinzugerufen, um Ihn für seine kluge und weitblickende Ortswahl zu loben, die eine so tolle Empfangsqualität für ein Fernsehsignal erst ermöglicht. Widerspruchsfrei galt das unscharfe Bild dann ohne weitere Diskussion als Nachweis für die einwandfreie Funktionsweise des Gerätes.
Diese Kundenorientierung sorgte zudem noch für etwas Trinkgeld und war gleichzeitig das Signal sich schnellstens aus dem Staub zu machen, bevor der Kunde dann versuchte auf einen anderen Sender zu wechseln.